„Eine Wüstenpflanze, eine Kakteenart, die als indische oder mexikanische Kaktusfeige bezeichnet wird, ist ein wichtiger Schwerpunkt der plastischen Arbeiten von Michal Fuchs. Diese Pflanzenart ist quasi als Immigrant in den 20er Jahren des 20. Jh. in Israel heimisch geworden. Sie zeichnet sich aus durch schnelle Verbreitung, Anpassungsfähigkeit, rasche und dauerhafte Verwurzelung und ebenso durch ihre hohe Widerstandsfähigkeit, ist ausgestattet mit wehrhaften Stacheln. Aus diesen Gründen und in merkwürdiger Duplizität haben sich die israelischen Siedler:innen wie auch die palästinensische Bevölkerung diese Pflanze als ihr Symbol gewählt. Tzabar, wie der Kaktus auf hebräisch heißt, ist auch die Bezeichnung für einen in Israel geborenen jüdischen Menschen. Diese Sinngebungen nimmt Michal Fuchs auf, um damit historische Einschreibungen zu hinterfragen, sie kritisch umzuformen. Ihre plastischen Gebilde, in Metall oder Beton gearbeitet, folgen der Pflanzenform bis in die stachlige Besetzung der Blätter hinein, aber gerade die herausragenden Eigenschaften wie Widerstandsfähigkeit und Verwurzelung werden optisch und materiell ins Gegenteil verkehrt. Sie setzt ihre Metallplastiken oft Wassereinflüssen aus, so dass diese rosten, im Erosionsprozess sind. Der Werkstoff Beton, wovon wir hier zwei Arbeiten aus diesem Material haben, hat haptisch scheinbar Festigkeit, ist jedoch durch Stoß oder Sturz gefährdet, nicht bruchsicher. All diesen Arbeiten ist gemein, dass sie unverwurzelt sind, auf „schwachen Füßen“ stehen, enge Behältnisse sie begrenzen. So tragen diese „Kakteen“ Blattgebilde, denen sie keine Stabilität geben können.“ 

Jutta Jahn, Kuratorin der Ausstellung  „Innere Heimat“, Lichthaus, Halle (Saale)

Inspiration: Assem Abu Shakra: 1961-1990, Israelisch-palästinensischer Künstler, geboren in Umm El- Fachm